EU setzt Nachhaltigkeits-Berichtspflicht aus. Das Ende der Nachhaltigkeit?

Die EU schraubt aktuell ihre Ansprüche an das Nachhaltigkeits-Reporting zurück. Kommt alles so wie geplant, werden knapp 80 % der bisher betroffenen Unternehmen nicht mehr unter die CSRD fallen. Für viele weitere gilt ein Aufschub von zwei Jahren und weniger Datenpunkte, die offengelegt werden müssen. Führt weniger Bürokratie jetzt zu einem Mehrwert für nachhaltig handelnde Unternehmen? Dazu unser Experte für strategische Analyse, Dr. Bernd Saure, Senior Berater bei Eckart & Partner. Drei Fragen, drei Antworten:
Bernd, was bedeutet die Aussetzung der CSRD-Pflicht für die Nachhaltigkeit und für Versorgungsunternehmen?
„Die Aussetzung der CSRD-Pflicht ändert nichts an der Verantwortung von Energieversorgern. Es ist allerdings wichtig zu betonen, dass Energieversorger schon immer nachhaltig gewirtschaftet haben. Dies zeigt sich darin, dass sie nicht nur ökologische Verantwortung übernehmen, sondern auch die Bezahlbarkeit von Energie und die Versorgungssicherheit als zentrale Säulen ihrer Arbeit betrachten. Der Klimawandel bleibt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, und die kommunalen Anteilseigner treiben ihre Klimaschutzziele weiterhin konsequent voran.
Zugegeben, die CSRD brachte viel Bürokratie mit sich. Aber sie hat auch Positives bewirkt: Abteilungen wurden näher zusammengebracht, und wir konnten in unseren Projekten sehen, dass durch die Wesentlichkeitsanalyse wertvolle Impulse für eine zukunftsfähige Unternehmensstrategie entstanden.
Jetzt liegt es an den Energieversorgern, diese Erkenntnisse weiterzunutzen – auch ohne Berichtspflicht. Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern eine Notwendigkeit. Die Aussetzung der CSRD sollte daher als Chance gesehen werden, den Fokus noch stärker auf konkrete Maßnahmen und Innovationen zu legen.“
Wie kann das derzeit etwas negativ belastete Thema "Nachhaltigkeit" weitergeführt werden?Â
„Ein vielversprechender Ansatz ist der Einsatz des VSME-Standards, der ursprünglich für sehr kleine Unternehmen entwickelt wurde. Dieser freiwillige Standard bietet eine stark vereinfachte Möglichkeit, die wichtigsten nachhaltigen Aspekte strukturiert darzustellen. Der Aufwand bleibt überschaubar, da die benötigten Daten und Informationen in der Regel bereits vorliegen und lediglich neu geordnet und zusammengefasst werden.
Durch den VSME-Standard können Energieversorger und Stadtwerke nicht nur ihre Nachhaltigkeitsziele klarer kommunizieren, sondern auch die Ansprüche von Stakeholdern wie Finanzinstituten, Anteilseignern, Kunden oder zukünftigen Beschäftigten erfüllen. Die strukturierte Berichterstattung schafft Vertrauen und stärkt die Position im Markt.
Der Vorteil des VSME liegt in seiner Flexibilität: Es bietet einen guten Überblick über zentrale ESG-Kennzahlen wie Energieverbrauch, Emissionen oder soziale Aspekte, ohne dabei bürokratisch zu werden. Damit wird Nachhaltigkeit greifbarer und strategisch nutzbar – ein wichtiger Schritt, um das Thema positiv weiterzuführen und gleichzeitig den Anforderungen einer zunehmend nachhaltigkeitsorientierten Wirtschaft gerecht zu werden.“
Wie kann ich das Thema – abseits jeglicher europäischen Ambitionen – wieder mehr zu einem positiven, regionalen Thema machen?Â
„Die Kombination aus VSME-Bericht und Standortbilanz ist hier ein idealer Ansatz. Eine Standortbilanz macht sichtbar, wie stark Versorgungsunternehmen die Region prägen: Sie zeigt, wie viele Cent von jedem Euro in der Region bleiben, wie viele Arbeitsplätze geschaffen werden und welches Engagement in kulturellen oder sozialen Bereichen stattfindet.
Zusammen mit einem VSME-Bericht wird nicht nur das nachhaltige Engagement greifbar, sondern auch die regionale Bedeutung hervorgehoben. Das unterstreicht die Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit der Region.
Dieser Ansatz stärkt das energiewirtschaftliche Dreieck aus Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Nachhaltigkeit und festigt gleichzeitig die Rolle der Versorgungsunternehmen als zentrale Akteure vor Ort. So wird Nachhaltigkeit wieder zu einem positiven, greifbaren Thema für die Menschen in der Region.“
Dr. Bernd Saure ist seit 2006 Senior Berater bei Eckart & Partner, einem Unternehmen der trurnit Gruppe.
Arbeitsschwerpunkte in seinem Bereich sind u.a. Standortstrategie, Standortforschung/-analyse, Standortbilanzen, Markt-, Kunden- und Mitarbeiteranalysen sowie Innovationsmanagement/Trendforschung und Nachhaltigkeit.
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